Die Studie „Ethnic Discrimination in Germany’s Labour Market: A Field Experiment“ ist nur eine von unzähligen international durchgeführten wissenschaftlichen Erhebnungen, die Diskriminierung aufgrund eines ausländischen Namens bei der Jobsuche nachweist. Zu welchen Erkenntnissen diese 2010 in Deutschland durchgeführte Studie kam, erfahren Sie in diesem Blog-Beitrag.
Erhebungsmethode
Das Prinzip des Experiments ist simpel: Für 528 ausgeschriebene Praktikumsstellen für Studierende wurden je zwei annähernd gleiche Bewerbungen geschickt. Das einzige wesentliche Unterscheidungsmerkmal war der Name des Bewerbers. Die Stellen, für die sie sich die fiktiven Kandidaten mit deutschen und türkischen Namen bewarben, waren Praktika für Studierende im Wirtschaftsbereich und wurden auf großen Online-Jobplattformen ausgeschrieben.
Jede Firma bekam zwei Bewerbungstypen, die sich leicht unterschieden: Die Bewerber sind männlich, 21 bzw. 22 Jahre alt, sind beide in unterschiedlichen Bundesländern Deutschlands geboren und aufgewachsen. Beide Bewerber studieren nun nach einem Sommerjob an unterschiedlichen Hochschulen und streben einen Bachelor in Wirtschaft an. Bei der Bewerbung sind sie im dritten Semester ihres Studiums und bewerben sich für ein Praktikum während ihres vierten Semesters. Ihre Schul- und Universitätsnoten sind ausschließlich „Sehr gut“ oder „Gut“. Beide geben an, fließend Englisch zu sprechen und zusätzliche Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache zu haben. Da auch der Bewerber mit türkischem Namen Deutsch als Muttersprache angibt, kommt Türkisch als Sprache in keinem der beiden Lebensläufe vor.
Als Bewerbungsfotos wurden Bilder ausgewählt, die sowohl einen deutschen als auch einen türkischen Studenten abbilden und zufällig zu den Namen auf den Lebensläufen zugeordnet, um das Ergebnis nicht zu verzerren. Beigelegt wurden außerdem ein Motivationsschreiben, das leicht an die Jobausschreibung angepasst wurde, ein Lebenslauf, das Schulabschluss-Zeugnis sowie die Noten des ersten Jahres auf der Universität.
Die Namen der Bewerber wurden zufällig zu den beiden Bewerbungstypen zugeordnet. Es wurden zwei deutsche Namen (“Dennis Langer” und “Tobias Hartmann“) und zwei türkische Namen (“Fatih Yildiz” und “Serkan Sezer“) ausgewählt. Jede Firma bekam beide Bewerbungstypen mit jeweils einmal einem deutschen und einmal einem türkischen Namen.
Die Erhebungsmethode des Experiments ist so konzipiert, dass sie den Bewerbungsprozess von hochqualifizierten, gut integrierten MigrantInnen der zweiten und dritten MigrantInnengeneration symbolisiert.
Wenn die Bewerbungen – wie bei größeren Unternehmen üblich – nicht per Mail versandt werden konnten, wurde das Online-Bewerbungsformular mit den entsprechenden Daten der Bewerber ausgefüllt und die PDFs, wenn möglich, angeführt. Außerdem wurden für jeden Bewerber eine Post-Adresse, E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer generiert, sodass jeder dieser Wege zur Kontaktaufnahme genutzt werden konnten.
Nach dem Versand der Bewerbungen wurden alle Kontaktaufnahmen seitens der Unternehmen in den folgenden vier Monaten registriert. Zu Kontaktaufnahmen („callbacks“) zählen Einladungen zu Bewerbungsgesprächen, direkte Job-Angebote und das Hinterlassen von Kontaktinformationen auf der Sprachbox der Mobilnummer des Bewerbers. Nicht als Kontaktaufnahme gewertet, wurden automatische Antworten über den Erhalt der Bewerbung.
Ergebnisse
- Die Wahrscheinlichkeit der Kontaktaufnahme wird mit einem deutschen Namen in der Bewerbung um 14 % gesteigert.
- Die Callback-Rate bei deutschen Studierenden lag bei 39,6 % und bei türkischen Studierenden bei 34,7 %.
- Für sechs Kontaktaufnahmen muss ein Bewerber mit deutschem Namen durchschnittlich 15 Bewerbungen versenden, während der gleiche Bewerber mit türkischem Namen 17 Bewerbungen schreiben muss.
- Die Diskriminierung ist besonders bei kleineren Firmen mit weniger als 50 MitarbeiterInnen stark ausgeprägt. Hier führte ein deutscher Name zu 24 % mehr Rückrufen. Das könnte auch an weniger standardisierten Recruiting-Prozessen liegen.
- Zwischen den Branchen gibt es keine signifikanten Unterschiede in der unterschiedlichen Behandlung der Kandidaten.
Die gesamte Studie gibt es hier zum Download.
Interkulturelles Personalmanagement kann derartige Diskriminierungen bereits im Recruiting-Prozess vermeiden. Was interkulturelles Personalmanagement ist und was es dabei zu beachten gilt, erfahren Sie im kulturfit-Training am 9. Mai 2017.
Foto
- © Daniel Auer Photography @ fair.versity Austria 2015
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