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Definitionslexikon Migrationshintergrund. Oder: Warum ein Migrant nicht zwangsläufig ein Ausländer ist

Julia Krutzler Julia Krutzler 18 Oktober, 2017

Auf klassischen Stammtischen ist häufig von „Ausländern“ die Rede. Gemeint sind damit zumeist MigrantInnen aus dem Ausland. Warum aber ein Migrant nicht zwangsläufig auch ein Ausländer ist und ein Ausländer noch lange kein Migrant sein muss, wissen dabei die wenigsten. Doch nicht nur auf Stammtischen führen unterschiedlich definierte Begriffe zu Missverständnissen.

Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird kaum zwischen „Ausländern“ und „MigrantInnen“, dem „Migrationshintergrund der ersten Generation“ und dem „Migrationshintergrund der zweiten Generation“ differenziert.

Selbst Statistiken und professionell erhobene Zahlen in Bezug auf Migration und ausländische Staatsangehörige können täuschen. Zu Erfassung der exakten Anzahl und Anteilen von MigrantInnen gibt es unterschiedliche Erhebungsmethoden und daher ganz unterschiedliche Zahlen. Diese Unterschiede ergeben sich je nachdem, ob bei der Erfassung der Geburtsort, die Staatsbürgerschaft oder der „Migrationshintergrund“ als Merkmal herangezogen werden.

Als ob das nicht alles schon komplex genug wäre, kann der Begriff „Migrationshintergrund“ auch noch unterschiedlich definiert werden. Während der Geburtsort und die Staatsangehörigkeit jeweils einheitlich verwendet werden, gibt es in Bezug auf den sogenannten Migrationshintergrund durchaus unterschiedliche Auslegungen und Ausprägungen.

Unser Definitionslexikon soll nun Klarheit im Begriffe-Dschungel schaffen.

Vorab: Was ist eigentlich Migration?

Im Duden wird der Begriff Migration aus der Perspektive von EDV, Biologie und Soziologie erklärt. Wir beschränken uns auf die soziologische Definition. Demnach ist Migration:

  • Die Wanderung oder Bewegung bestimmter Gruppen von Tieren oder Menschen
  • Die Abwanderung in ein anderes Land, in eine andere Gegend, an einen anderen Ort

Das zeigt deutlich, dass es bei diesem weitgefassten Begriff der Migration nicht um Staatsangehörigkeit geht, sondern lediglich um eine Wanderungsbewegung. Demnach wird bei dieser allgemeinen Definition auch die Binnenmigration (innerhalb eines Landes) berücksichtigt. Bei Migration über die Landesgrenzen hinweg spricht man von internationaler Migration. Diese steht in diesem Definitionslexikon im Fokus.

 

Dürfen wir vorstellen? Das ist Familie Çelik.

Erklärt werden alle Definitionen am Beispiel der fiktiven Familie Çelik, die in Österreich lebt:

Yilmaz Çelik (60) und Gül Çelik (52) kamen gemeinsam im Jahr 1985 nach Österreich. Beide wurden in der Türkei geboren und haben eine türkische Staatsbürgerschaft. Ihr Sohn, Mehmet (35), wurde in der Türkei geboren, hat aber mittlerweile eine österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist mit der Österreicherin Sabine, die auch in Österreich geboren wurde, verheiratet und hat mit ihr eine 6-jährige Tochter, Jana.

Mehmets Schwester, Leyla (26), wurde bereits in Österreich geboren und hat eine österreichische Staatsbürgerschaft.

Kriterium: Geburtsort im Ausland

Recht eindeutig definiert, ist die Anzahl der Menschen, die im Ausland geboren wurden und jetzt in Österreich leben. Demnach haben Yilmaz, Gül und Mehmet ihren Geburtsort im Ausland (Türkei) und werden bei Statistiken, die den Geburtsort als Kriterium berücksichtigen, als „MigrantInnen“ gezählt.

 

Kriterium: Staatsangehörigkeit

Auch die Definition der Staatsangehörigkeit wird von unterschiedlichen Instituten gleich definiert. Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit werden von der Statistik Austria als „Ausländer“ bezeichnet. Bei einer Statistik, die die Staatsangehörigkeit als Kriterium heranzieht, werden aber nur zwei Familienmitglieder der Familie Çelik berücksichtigt. In diesen Studien würden nur Gül und Yilmaz aufscheinen.

 

Migrationshintergrund laut Statistik Austria

Die Statistik Austria beruft sich auf die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) und stellt folgende Definition auf:

Zur „Bevölkerung mit Migrationshintergrund“ gehören alle Personen, deren beide Elternteile im Ausland geboren wurden, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.

Demnach gehören Yilmaz, Gül, Mehmet und Leyla zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Jana wird in dieser Definition nicht berücksichtigt, da ihre Mutter nicht im Ausland geboren wurde.

Eine weitere Unterteilung erfolgt bei der Statistik Austria in die erste und zweite Generation von MigrantInnen:

Die erste Generation wurde selbst im Ausland geboren und ist dann nach Österreich zugewandert. Demnach zählen Yilmaz, Gül und Mehmet zu diesen Personengruppen.

Der zweiten Generation zuzuordnen sind Personen, deren Eltern beide zwar im Ausland geboren wurden, sie selbst aber bereits in Österreich geboren wurden. Demnach zählt Leyla zur zweiten Generation von MigrantInnen, da sie in Österreich geboren wurde, ihre Eltern beide aber im Ausland.

Hier wird deutlich, dass der Begriff „Generation“ hier etwas trügerisch ist. Denn obwohl Leyla formal natürlich derselben Generation wie ihr Bruder, Mehmet, angehört, wird sie in eine andere „MigrantInnengeneration“ eingeteilt.

>> In Blogbeiträgen und Artikeln von brainworker wird – wenn nicht anders angeführt – bei der Nennung von Zahlen immer diese Definition verwendet <<

 

Migrationshintergrund laut MA17

Die Magistratsabteilung 17 „Integration & Diversität“ der Stadt Wien definiert Migrationshintergrund anders als die Statistik Austria. Diese Definition ist umfassender, denn hier bedeutet Migrationshintergrund, dass die Person „selbst im Ausland geboren wurde oder mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil hat.“

Wenn der Migrationshintergrund der Familienmitglieder der Familie Çelik nun also von der MA17 erhoben wird, haben Yilmaz, Gül, Mehmet, Leyla und auch Jana einen Migrationshintergrund. Während Jana bei der Definition der Statistik Austria nicht eingeschlossen wird, würde sie in der Definition der MA17 berücksichtigt werden, da ein Elternteil, Mehmet, im Ausland geboren wurde.

 

Migrationshintergrund laut Statistischem Bundesamt Deutschland

Auch in Deutschland wird der Begriff „Migrationshintergrund“ wie von der MA17 in Wien definiert. Für das Statistische Bundesamt in Deutschland gilt Folgendes:

 „Eine Person hat dann einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren ist.“

Würde Familie Çelik nun nicht in Österreich, sondern in Deutschland leben, hätte in dieser Statistik die gesamte Familie (außer Mehmets Frau, Sabine) einen Migrationshintergrund. Yilmaz, Gül, Mehmet, Leyla und auch Jana würden in dieser Definition berücksichtigt werden.

 

 

Quellen

  • Statistisches Bundesamt. Glossar Migrationshintergrund https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Glossar/Migrationshintergrund.html;jsessionid=11D1AEF74F6D6FB002D896DF3B3C8FBB.InternetLive2?view=getColorboxEntry [letzter Zugriff: 16. Oktober 2017]
  • Duden. Migration http://www.duden.de/rechtschreibung/Migration [letzter Zugriff: 16. Oktober 2017]
  • MA17 Integration und Diversität. Wiener Bevölkerung 2016 nach Herkunft https://www.wien.gv.at/menschen/integration/grundlagen/daten.html [letzter Zugriff: 16. Oktober 2017]
  • Statistik Austria. Bevölkerung in Privathaushalten nach Migrationshintergrund https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/bevoelkerungsstruktur/bevoelkerung_nach_migrationshintergrund/index.html [letzter Zugriff: 16. Oktober 2017]
  • UNECE. Conference of European Statisticians. Recommendations for the 2020 Censuses of Population and Housing. S. 90 http://www.unece.org/fileadmin/DAM/stats/publications/2015/ECECES41_EN.pdf [letzter Zugriff: 16. Oktober 2017]

 

Foto

  • Titelbild: © StockSnap (pixabay User: StockSnap), Lizenz: CC0 Creative Commons. URL: https://pixabay.com/photo-2567081/
Julia Krutzler

Julia Krutzler

Als Allrounderin in den Bereichen Kommunikation, Eventmanagement und PR seit 2015 im brainworker-Team. Motto: "If you can’t stop thinking about it, don’t stop working for it!"

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