Im zweiten Teil unserer Serie „Nachgefragt bei…“ steht Franziska Hauck Rede und Antwort. Franziska ist Community Managerin bei Mila, einer Vermittlungsplattform für technische Dienstleistungen mit Sitz in Berlin und Zürich. Nachdem Franziska in der fränkischen Provinz aufgewachsen ist, packte sie im Studium der Kulturwirtschaft mit interkulturellem Fokus der Drang, Europa zu sehen. Nach Praktika in Spanien und Großbritannien und einem Master in Südengland fing sie 2012 als Community Managerin bei der Expat-Plattform InterNations an und spezialisierte sich dort auf interkulturelles Community Management.
Was versteht man unter interkulturellem Community Management?
Grundsätzlich muss man zunächst erfassen, was Community Management ist. Der BVCM – Bundesverband für Community Management – definiert es so:
„Community Management ist die Bezeichnung für alle Methoden und Tätigkeiten rund um Konzeption, Aufbau, Leitung, Betrieb, Betreuung und Optimierung von virtuellen Gemeinschaften sowie deren Entsprechung außerhalb des virtuellen Raumes. Unterschieden wird dabei zwischen operativen, den direkten Kontakt mit den Mitgliedern betreffenden, und strategischen, den übergeordneten Rahmen betreffenden, Aufgaben und Fragestellungen.“
Es geht also um Beziehungen von und zwischen Menschen. Das allein ist schon kompliziert genug, wenn wir in einer übergeordneten Kultur navigieren. Kommen jedoch noch interkulturelle Aspekte hinzu – ich als Community Managerin (CM) bin aus einer anderen Kultur als die angesprochene Gruppe oder Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen finden sich in einer Gemeinschaft -, kann das ganz schön kompliziert werden. Community Manager mit interkulturellem Bezug müssen auf die verschiedensten Dinge achten: Sprache, Stereotype, Bildsprache und Symbolik, Gestik und Mimik, Verhältnisse von Mehrheiten und Minderheiten, Verständnis von Regeln, Zeit, Nähe, Humor, usw. Welche das sind und worauf interkulturelle CMs achten müssen, habe ich 2015 in einem Whitepaper zusammengefasst.
Wie ging es dir am Anfang damit?
Ich hatte das Glück, durch meine Studien und meine Erfahrungen mit Menschen aus aller Welt gut sensibilisiert zu sein. Aber auch da kann ein großes Problem liegen: dass man glaubt, man wäre vorbereitet. Es gibt jedoch immer wieder Situationen, die einen überraschen oder ärgern. Bei InterNations haben wir spezifisch in meinem Team auch kaum mit den Mitgliedern telefoniert oder geskypt. Damit fehlt die Interpretationsmöglichkeit von Angesicht zu Angesicht. Und oft konnte das Gegenüber auch nicht so gut Englisch, weshalb man vorsichtig argumentieren muss.
Auf jeden neuen Kontakt muss man sich auch neu einlassen – Offenheit hilft!
Im Gegenzug gab es auch immer wieder eine Reihe von positiven Überraschungen, z. B. wenn wir Glückwünsche zu uns unbekannten Feiertagen bekommen haben. Oder wenn uns Mitglieder aus besonders höflichen Kulturkreisen Dankesmails geschrieben haben. Einmal habe ich sogar einen Blumenstrauß aus Taiwan bekommen.
Spielt interkulturelles Community Management aktuell bei dir eine Rolle?
Bei Mila bin ich dafür zuständig, unsere „Crowd“, also die Community aus Serviceanbietern, in der DACH-Region zu betreuen. Menschen aus deutschsprachigen Nationen verbindet viel. Aber: Es gibt auch spürbare Unterschiede. Zu Anfang war es für mich zum Beispiel eine Herausforderung, für den Schweizer Markt zu schreiben. Es gibt dort kein scharfes S, und einige Worte haben eine andere Bedeutung. Grundsätzlich unterscheidet sich auch die Mentalität ein wenig. Wir Deutschen sind oft ungeduldiger, die Schweizer gehen die Dinge gelassener an. Dazu kommt, dass zur Crowd in der Schweiz auch französisch- und italienischsprachige Serviceanbieter zählen. Um die im Support optimal betreuen zu können, haben wir extra eine französischsprachige Kollegin eingestellt. Denn wer will schon immer über Englisch oder Deutsch kommunizieren? Nicht alle Schweizer können automatisch Deutsch. Auf die Bedürfnisse der Friends – so nennen wir unsere Serviceanbieter – muss man sich ganz individuell einstellen.
Dazu kommt, dass wir aktuell auch in Polen Friends rekrutieren und in weitere Länder expandieren wollen. Das betrifft dann nicht nur die Community, sondern alles, was mit ihr zu tun hat – Design der Webseiten, Ansprache, Rechtliches, etc. Es bleibt spannend!
Wie begeisterst du Menschen für und in deinen Communities?
Ehrlichkeit ist eine wichtige Währung. Man darf keine Versprechungen machen, die man nachher nicht halten kann – das ist essentiell. Und Liebe, für die Community und das Produkt an sich. Wenn man „Bock“ darauf hat, sich mit Menschen auszutauschen, sie akzeptiert und ihnen zuhört, macht das einen riesigen Unterschied. Alles andere ist reine Handarbeit: dass die Plattform funktioniert, dass es wenig Aussätze gibt, neue Funktionen kommen, etc.
Was motiviert dich in deiner Arbeit besonders?
Eine zufriedene Community. Egal, ob ich einen guten oder schlechten Tag hatte – das Feedback der Mitglieder gibt mir immer wieder Aufwind. Natürlich, es kommt auch viel Kritik und die ein oder andere Beschwerde rein. Wenn man aber insgesamt einen guten Job macht und Sensibilität bzw. Verständnis zeigt, merken das die Mitglieder. Kleiner Tipp: Wenn es mal ganz hart auf hart kommt, dann hole ich meinen Lobzettel aus der Schublade. Auf dem speichert die Community Managerin alle lobenden Aussagen von Mitgliedern. Einmal durchgelesen und es kann weiter im Programm gehen!
Wohin wird sich das interkulturelle Community Management entwickeln?
Nach einer kleinen Blütezeit des Austausches haben wir es nun vermehrt mit Nationalismus und Hate Speech zu tun. Ich denke, keiner von uns beneidet die Community Manager der großen Zeitungen oder einschlägiger Medien. Bildung hilft! Community Manager, ob nun auf Facebook oder auf der eigenen Plattform, werden immer mehr zu Edukatoren. Gemeinsamkeiten statt Unterschiede aufzuzeigen ist eine der wichtigsten Aufgaben. Gespannt bin ich auch auf die Entwicklung der Bots und wie das auf Übersetzungen und damit hoffentlich verbesserten Austausch untereinander einzahlt.
Fotos:
Franziska Hauck
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