Die Fachkräfte aus dem Ausland
Die Förderung von Diversität in der Gesellschaft ist schon lange nicht nur eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung, sondern vor allem eine wirtschaftliche Notwendigkeit geworden. Der demographische Wandel und der damit einhergehende Mangel an Fach- und Führungskräften und die zunehmende Globalisierung stellen PersonalistInnen und Human-Ressource-ManagerInnen vor große Herausforderungen.
Österreich kämpft nicht nur auf nationaler Ebene um die besten Köpfe sondern befindet sich auch auf dem europäischen und internationalen Paket im „War for Talents“ und steht damit in direkter Konkurrenz um qualifiziertes Personal.
Der immer deutlich sichtbar werdende Fachkräftemangel in Österreich führte in den letzten Jahren zu intensiven Bemühungen seitens vieler Unternehmen ausländische Fachkräfte für den österreichischen Arbeitsmarkt anzuwerben. Für die nächsten Jahre wird jedoch eine weitere Senkung der Erwerbsbevölkerung prognostiziert, wodurch Unternehmen in Zukunft noch stärker um qualifiziertes Personal konkurrieren werden. Fakt ist: Bereits heute klagt eine deutliche Mehrheit (73%) österreichischer Betriebe über Fachkräftemangel (die Presse, 26.9.2013) und für das Jahr 2014 gelten insgesamt 16 Berufe als sogenannte Mangelberufe, für die ausländische Fachkräfte gesucht werden.
Dieser Entwicklungen zum Trotz verschläft die Mehrheit der österreichischen Unternehmen es junge, flexible und gut ausgebildete Menschen mit Migrationshintergrund für ihr Unternehmen zu gewinnen und sie langfristig zu halten. Im Jahr 2013 sind zwar ca. 151.200 Personen nach Österreich zugezogen aber gleichzeitig haben knapp 96.600 (größtenteils AkademikerInnen und gut ausgebildete Fachkräfte) Menschen das Land verlassen. Die Abwanderung von hochqualifizierten Fach- und Führungskräften muss für die Sicherung des Wohlstandes beendet werden. Sowohl die Politik als auch die Wirtschaft hat darauf reagiert und entsprechende Maßnahmen gesetzt um diesem Trend entgegen zu wirken.
Während seitens der Wirtschaft versucht wird Talente aus dem Ausland anzuziehen, reagierte die Politik und lockerte einige restriktive Zugangsvoraussetzungen zum österreichischen Arbeitsmarkt. Seit 2011 wurde mit der Rot-Weiß-Rot – Karte ein neues Zuwanderungssystem eingeführt welches qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten eine auf Dauer ausgerichtete Zuwanderung nach Österreich ermöglichen soll. Wenngleich einzelne Maßnahmen bereits ihre Wirkung zeigen, bleiben nachhaltige Erfolge aus. Deutlich wird dies bei der Statistik zur qualifizierten Zuwanderung: Im Jahr 2013 entfielen lediglich 1.300 Zuzüge auf Schlüsselarbeitskräfte, die im Rahmen dieses Zuwanderungssystems einen Aufenthaltstitel erhielten.
Ethnomarketing als Erfolgsrezept?
Frei nach dem Grundsatz „Man kann nicht, nicht kommunizieren“ (Paul Watzlawick) ist bereits ein Umdenken in vielen Personalabteilungen großer Unternehmen passiert. Employer Branding, also die Ausgestaltung und strategische Umsetzung einer unverwechselbaren Arbeitgebermarke wird nicht mehr als unveränderbare Tatsache gesehen sondern als wichtiges Instrument um sich auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren.
Parallel dazu werden in den Marketing- und Vertriebsabteilungen neue Konzepte ausgetestet und ein zielgruppenspezifisches Ethnomarketing implementiert. Diese Maßnahmen zielen in erster Linie darauf ab, neue Kundengruppen anzusprechen und haben durch die intensive Präsenz innerhalb der migrantischen Communities den Nebeneffekt einer (unbeabsichtigten) Positionierung als attraktiver Arbeitgeber (Unintentional Employer Branding) innerhalb jener Zielgruppen.
Obwohl diese unabsichtlich geschaffene Arbeitgebermarke eine breite Zielgruppe und vor allem auch hochqualifizierte ausländische ArbeitnehmerInnen anspricht, erfolgt eine Kombination der beiden Disziplinen „Employer Branding“ und „Ethnomarketing“ erst in Ansätzen. So wird beispielsweise die große Gruppe der Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei in Österreich bis jetzt kaum direkt angesprochen. Eine spezifische Ansprache jener hochqualifizierten Personen unter Berücksichtigung von historischen, kulturellen und sprachlichen Gegebenheiten ist jedoch der Schlüssel zur authentischen Arbeitgebermarke (Kultursensitives Employer Branding).
Spezifische Ansprache ist erforderlich
Ethnomarketing ist ein Marketing-Ansatz, der ethnische Zielgruppen bewusst in den Mittelpunkt von unternehmerischen Aktivitäten stellt. Dabei ist es nicht zielführend, bestehende Marketingkonzepte einfach in eine andere Sprache zu übersetzen. Es geht vielmehr darum, kulturelle Besonderheiten und Bedürfnisse ethnischer Communities zu (er-)kennen und diese in der Kommunikation gezielt einzusetzen.
Dieser Kommunikations-Ansatz ermöglicht es, eine ethnische Zielgruppe im Detail kennenzulernen und in ihre Lebenswelt einzutauchen. Alle Kommunikationsmaßnahmen in diesem Bereich können nur dann erfolgreich sein, wenn das Verhalten der ethnischen Zielgruppe verstanden wird. Das heißt zum Beispiel, dass die angesprochene Zielgruppe Anerkennung erfährt und ihre Wertvorstellungen sowie Einstellungen transportiert werden. Vor allem im Personal-Recruiting sind Ethnomarketing aber auch die Beschäftigung mit Diversity, Erfolg versprechende neue Ansatzpunkte.
Anerkennung, Wertschätzung und Respekt
Unternehmen, die migrantische Fach- und Führungskräfte rekrutieren möchten, sollten bei der Konzeption ihrer HR-Strategie darauf achten, dass Migranten alles andere als eine homogene Gruppe sind. Neben den Migranten die die Bemühungen mit offenen Armen empfangen gibt es auch viele in Österreich lebende oder bereits geborene Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund die durch eine zu spezifische Ansprache irritiert werden und die Maßnahmen ablehnen. In erster Linie sollte immer die Leistung und Wertschätzung zum Ausdruck gebracht werden bevor auf die ethnische Herkunft oder die Religion eingegangen wird.
Die Instrumente und Kanäle im Bereich des Ethnomarketing sind genauso vielfältig wie die Zielgruppen selbst. Einzig und allein die Auseinandersetzung mit den Adressaten bringt Klarheit über die einzusetzenden Maßnahmen. Es ist ratsam, die Zusammenarbeit mit ExpertInnen zu suchen, um sich umfassend beraten zu lassen.
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